Der gemeinnützige Verein Neue Wege des Lernen e. V hat zum 20-jährigen Jubiläum des Films Lola rennt am
20.8.2018 eine
umfangreiche Sammlung von interaktiven Lernbausteinen für die Filmbildung konzipiert und erstellt.
Dieser einzigartige
Film, der es wie kaum ein anderer schaffte Experiment und Anspruch mit Unterhaltung und Publikumserfolg
zu verbinden,
hat großes Potenzial für die schulische Filmbildung. Zum einen spricht der Film existenzielle Probleme
von Jugendlichen
in einer sich verändernden Großstadt an zum anderen ist der Film eine Art Kompendium der Filmsprache –
kaum eine
filmische Technik oder ein Stilmittel der letzten hundert Jahre, das von Regisseur Tom Tykwer und seinem
Team nicht
pointiert eingesetzt wird. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dieser Film in den letzten 20 Jahre
als Lerngegenstand
in etliche Schulbücher, Handreichungen und Kopiervorlagen für die Fächer Deutsch, Kunst und Philosophie
aufgenommen
wurde. In Nordrhein-Westfalen hat das Landesinstitut für Schule und Weiterbildung NRW bereits im Jahr
2000 die
umfangreiche Handreichung „Film als Gegenstand fachübergreifenden und fächerverbindenden
Arbeitens in der gymnasialen
Oberstufe“ herausgegeben, deren unterrichtspraktischer Teil sich ausschließlich auf Lola rennt
bezieht. Im Gegensatz
zu den vielen Aufbereitungen "auf Papier" haben die vorliegenden Lernbausteine das Ziel, dem Medium Film
möglichst nahe
zu kommen und setzen daher auf digitale Werkzeuge, die eine direkte Interaktion der Schülerinnen und
Schüler mit dem
filmischen Kunstwerk und somit möglichst filmnahes Arbeiten ermöglichen.
Der Film hat im englischsprachigen Ausland – gezeigt als OmU – eine erstaunliche Karriere gemacht – auch
hier waren
Publikum und Kritik gleichermaßen begeistert. Run, Lola, Run spielte allein in
den USA sieben
Millionen Dollar ein und
erreichte damit das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten für einen deutschsprachigen Film (nachzulesen auf
filmportal.de
D/E).
Durch eine Kooperation mit der englischen Filmbildungsinstitution The Film Space war es möglich das Projekt mit native speakern Anfang 2020 ins Englische zu übersetzen. Damit liegt der Textkorpus der interaktiven Lernbausteine nun vollständig in englischer Sprache (BE) vor, wobei die Dialoge und Erzähler-Stimmen in den Filmausschnitten weiterhin in (authentischer) deutscher Sprache angeboten werden. Die Aufgaben und Texte der Lernbausteine bieten zahlreiche Möglichkeiten für die Ausbildung von Medien- und Filmkompetenz im Englischunterricht und den Erwerb filmspezifischen Vokabulars. Sie können hinsichtlich der realisierten didaktischen Zugänge, der filmanalytischen Konzepte und der Fachbegriffe auf andere Filme übertragen werden.
In den Rahmenlehrplänen für die Fächer Englisch, Französisch und Spanisch fällt Film, wie auch in anderen Fächern, unter das Verständnis eines erweiterten Textbegriffes. Dieser umfasst sowohl geschriebene als auch bildliche sowie audiovisuelle Darstellungen. Film ist neben Literatur eine eigenständige künstlerische Ausdrucksform, zu deren Verständnis eine Rezeptionshaltung eingenommen werden soll, die eine medienspezifische Analyse ermöglicht. Filme zu analysieren beinhaltet die Fähigkeit, Inhalt und Form funktional in Beziehungen zueinander zu setzen. Die Analyse dient dazu, das Wirkungs- und Funktionspotential filmischer Darstellungsverfahren zu erfassen, das durch das Zusammenspiel von Kameraarbeit, Montage, Filmmusik etc. entsteht.
In den fremdsprachlichen Rahmenlehrplänen wird Filmanalyse den Kompetenzbereichen „Hör- und Hör-Sehverstehen“ sowie dem Kompetenzbereich „Umgang mit Texten und Medien“ zugeordnet. Bis zum Ende der Sekundarstufe I sollte „die Fähigkeit zur Analyse grundlegender filmischer Mittel“ vermittelt worden sein.
Zitiert aus Praxisleitfaden: Film im Fremdsprachenunterricht. Methoden, Tipps und Informationen. Vision Kino, 3. Auflage 2018
Vertiefende Informationen finden sich bei Roswita Henseler, Stefan Möller und Carola Surkamp, die ein Curriculum zur Film-Kompetenzbildung im Fremdsprachenunterricht entwickelt haben: Filme im Englischunterricht. Grundlagen, Methoden, Genres; Seelze-Velber: Kallmeyer-Klett, 2011.
Die Beschäftigung mit dem Medium Film kann Kompetenzen in den drei Bereichen des Kompetenzerwerbs im Fremdsprachenunterricht stärken:
Dabei sprechen die Aufgaben der interaktiven Lernbausteine insbesondere den Bereich der Text- und Medienkompetenz an. Diese Entsprechung wird durch die Verwendung der Operatoren des Faches Englisch in Niedersachsen sowie die Zuordnung der in den einzelnen Lernbausteinen geforderten bzw. geförderten Medienkompetenzen zu dem Orientierungsrahmen "Medienbildung in der Schule" erleichtert.
Text- und Medienkompetenz ist eine komplexe, integrative Kompetenz, die über die in den Teilkompetenzen
der funktionalen
kommunikativen Kompetenz definierten Anforderungen hinausgeht. Alle mündlich, schriftlich und medial
vermittelten
Produkte, die Schülerinnen und Schüler rezipieren, produzieren oder austauschen, werden als „Text“
verstanden. Der
Medienbegriff umfasst alle Mittel und Verfahren der Informationsverarbeitung und -verbreitung.
Text- und Medienkompetenz umfasst die Fähigkeit, Texte selbstständig und zielbezogen zu verstehen, zu
deuten und eine
Interpretation zu begründen, ggf. auch unter Hinzuziehung der jeweiligen historischen und sozialen
Kontexte. Text- und
Medienkompetenz ermöglicht das Verstehen und Deuten von kontinuierlichen und diskontinuierlichen – auch
audio- und
audiovisuellen – Texten in ihren Bezügen und Voraussetzungen.
Sie umfasst das Erkennen konventionalisierter, kulturspezifisch geprägter Charakteristika von Texten
(Genres) und die
Verwendung dieser Charakteristika bei der Produktion eigener Texte sowie die Reflexion des individuellen
Rezeptions- und
Produktionsprozesses.
3.3. Die Schülerinnen und Schüler können …
Grundlegendes Anforderungsniveau | Erhöhtes Anforderungsniveau |
---|---|
mithilfe sprachlichen, inhaltlichen sowie text-sortenspezifischen und ggf. stilistisch-rhetorischen Wissens literarische und nicht-literarische Texte aufgabenbezogen analysieren und deuten, | mithilfe sprachlichen, inhaltlichen sowie text-sortenspezifischen und ggf. stilistisch-rhetorischen Wissens komplexe literarische und nicht-literarische Texte aufgabenbezogen analysieren und deuten, |
Textvorlagen unter Berücksichtigung von Hintergrundwissen (ggf. auch ihres historischen, sozialen oder kulturellen Kontextes) interpretieren, | Textvorlagen unter Berücksichtigung von Hintergrundwissen (auch ihres historischen, sozialen oder kulturellen Kontextes) interpretieren |
die Wirkung spezifischer Gestaltungsmittel von Texten (auch medial vermittelter) erkennen, deuten und bewerten. | die Wirkung spezifischer Gestaltungsmittel von Texten (auch medial vermittelter) erkennen, deuten und differenziert bewerten. |
Ziel dieser Handreichung ist es, das nun in englischer Sprache vorliegende Filmbildungs-Angebot „Run
Lola Run: Interactive learning modules for film education“ für Lehrer*innen und Schüler*innen in
Niedersachsen im Englischunterricht nutzbar zu machen.
Folgende Anpassungen wurden dafür
vorgenommen:
Während jeder Lernbaustein des Projekts zum Erwerb von filmspezifischem Vokabular und allgemeiner Text- und Medienkompetenz geeignet ist, lassen sich auch direkte thematische Bezüge zum KC Englisch GO herstellen. Der Film Lola rennt und die interaktiven Lernbausteine bieten Anknüfungsmöglichkeiten vor allem für die folgenden Themenfelder und Teilaspekte des KC Englisch GO behandelt:
zentrales Thema des Films, hier bieten sich insbesondere alle Lernbausteine im Bereich 🟥 Characters an. Lola rennt inszeniert stereotypische Rollen- und Generationskonflikte, um diese mittels Parodisierung zu dekonstruieren.
zentrales Thema des Films, hier bieten sich insbesondere alle Lernbausteine im Bereich 🟥 Characters an.Lola rennt inszeniert stereotypische Rollen- und Generationskonflikte, um diese mittels Parodisierung zu dekonstruieren.
Der Film Lola rennt rekapituliert neben stilistischen auch die technischen Aspekte von 100 Jahren Filmgeschichte. Dieser Zusammenhang kann in dem Lernaustein Now. Earlier. And then. And when? erarbeitet werden. Realitätskonzepte, Zeitschleifen, Chaostheorie, „Schmetterlings-Effekt“, Kausalität, Kontingenz sowie Zufall und Notwendigkeit sind weitere zentrale Themen des Films, die vor allem in den Modulen 🟥 The action(s), 🟥 Time and 🟥 The Game behandelt werden.
Die Veränderung von gesellschaftlichen Werten und Normen ist ebenfalls ein zentrales Thema des Films, zeigt jedoch keine direkte landeskundliche Entsprechung zu den Teilsapekten (Britishness, The American experience, etc.) des Kerncurriculums. Der Lernbaustein Lola runs elsewhere thematisiert die Rezeption des Films u. a. in der amerikanischen Populärkultur (The Simpsons, Scrubs, Musikvideo von Bon Jovi).
Auch in den Lernbausteinen zur Plakat- und Traileranalyse (The film on paper, The film before the film) werden kulturelle Unterschiede (USA-Deutschland) thematisiert.
In dem Lernbaustein What A Diff’rence A Song Makes … wird der gleichnamige Song von Dinah Washington im Kontext des Films interpretiert.
Der Lernbaustein Playing with the references greift Motive und Symbole aus der US-amerikanischen und britischen Kultur auf.
In Typical heroine!? wird das von dem US-amerikanischen Drehbuchautor Christopher Vogler etablierte Modell der „Heldenreise“ (Quest) und der Archetypen vorgestellt, das grundlegende Erzählelemente und -Verläufe des Hollywood-Kinos beschreibt. SuS können der Frage nachgehen, inwieweit dem Film eine US-Blockbuster-Struktur zugrunde liegt.
Anknüpfungspunkte für die Beschäftigung mit Veränderungen von Überzeugungen, Werten und Normen in der Gesellschaft ohne direkten landeskundlichen und -kulturellen Bezug bieten die Lernbausteine Time in the working, living and underworld und And then ….